#quittok: Kündigen auf TikTok – Mutiger Trend oder digitales Eigentor?

Doug Walker, der 2008 mit einem CD-Player in die Arbeit stapfte und im Takt von Queen sein „I quit“ offenbarte, war ein Vorreiter dessen, was heute unter dem Hashtag #quittok massentauglich geworden ist: die Kündigung als Spektakel. Damals YouTube, heute TikTok – die Inszenierung der eigenen Befreiung ist geblieben.

Doch während Likes, Herzchen und Jubelkommentare ein wohliges Rauschen im Kopf erzeugen, sollte man sich fragen: Zu welchem Preis?

Klar, die Generationen Y und Z nutzen Social Media, um Missstände sichtbar zu machen: schlechte Chefs, unfaire Arbeitsbedingungen, mangelnde Work-Life-Balance. Das ist legitim – und oft längst überfällig. In dieser Hinsicht ist #quittok ein Ventil, eine Plattform, die Diskussionen über Arbeit demokratisiert.

Aber: Wer seine Kündigung ins Netz streamt, öffnet zugleich eine Akte für die Ewigkeit. Ein digitaler Pranger für den Chef kann zum Bumerang werden – spätestens dann, wenn künftige Arbeitgeber das Video finden. Das Internet vergisst nicht, und die Personalabteilung ist nur einen Klick entfernt.

#quittok ist ein Spiegel seiner Zeit – laut, schnell, sichtbar. Doch während Walker 2008 mit seiner Aktion ein Karrieresprungbrett baute, riskieren heutige TikToker, sich selbst Steine in den Weg zu legen. Wer wirklich frei sein will, sollte sich nicht nur vom Job, sondern auch von der Illusion lösen, dass Social Media immer die beste Bühne für persönliche Entscheidungen ist. Kündigen darf auch still, souverän und ohne Filter passieren.

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