Sozialbetrug bekämpfen – aber nicht auf dem Rücken der Ärmsten

Bundestag (über Kamyq)
Bundestag (über Kamyq)

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas will die Mitwirkungspflichten für Bürgergeld-Empfänger verschärfen, um Missbrauch durch Scheinverträge oder Schwarzarbeit konsequenter zu unterbinden. Die Ankündigung klingt nach Ordnungspolitik, trifft in der Praxis aber vor allem jene, die ohnehin am stärksten unter Druck stehen.

Natürlich muss der Staat kriminelle Strukturen austrocknen. Niemand will, dass Steuergeld in betrügerische Kanäle fließt. Doch die Diskussion folgt einem altbekannten Muster: Sie fokussiert sich auf Sozialleistungsbezieher und rückt diese unter Generalverdacht. Dabei sind die Dimensionen klar – Steuerbetrug und Finanzkriminalität verursachen volkswirtschaftlich weitaus größere Schäden als Sozialhilfebetrug. Trotzdem bleibt die politische Aufmerksamkeit ungleich verteilt.

Hinzu kommt: „Mitwirkungspflichten“ sind nicht nur Verwaltungsfloskeln. In der Realität greifen sie tief in die Lebensführung der Betroffenen ein. Gesundheitliche Fragen, familiäre Organisation, selbst die private Lebensgestaltung geraten unter Druck, wenn Behörden bestimmen, welche Auflagen zu erfüllen sind. So wird Hilfe schnell zur Belastung – und das Vertrauen in den Sozialstaat weiter geschwächt.

Wer den Sozialstaat stärken will, darf nicht nur nach unten treten. Es braucht eine ehrliche Debatte über gerechte Lastenverteilung, über den Kampf gegen milliardenschweren Steuer- und Finanzbetrug und über Unterstützung, die Menschen tatsächlich befähigt statt sie zu bevormunden. Alles andere ist Symbolpolitik – und gefährdet das Fundament sozialer Sicherheit.

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